UIllrich Angersbach – Crowdfunding

 

Crowdfunding – Die Schwarmfinanzierung als Zukunftsmodell zwischen Digitalisierung, Renditechancen und Bürgerbeteiligung

Von Ullrich Angersbach, Marketingexperte für Finanzprodukte

 

Einleitung: Wenn viele gemeinsam Großes bewegen

In einer zunehmend digitalisierten Welt, in der traditionelle Finanzierungswege unter Druck geraten und das Bedürfnis nach direkter Mitbestimmung wächst, hat sich Crowdfunding als neue Kraft im Finanzsystem etabliert. Was ursprünglich aus der kreativen Szene kam – Musiker, Filmemacher, Designer –, ist inzwischen ein professionell aufgestellter Wirtschaftszweig, der Milliarden an Kapital bewegt. Doch Crowdfunding ist mehr als nur eine alternative Finanzierungsmethode. Es ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels, in dem Partizipation, Werteorientierung und Transparenz einen immer größeren Stellenwert einnehmen.

Ob Start-ups, Immobilienprojekte, Energiegenossenschaften oder soziale Initiativen – die Zahl der Plattformen und der finanzierten Projekte wächst stetig. Gleichzeitig professionalisiert sich der Markt, gesetzliche Rahmenbedingungen entstehen, Renditeerwartungen werden realistischer, Anleger anspruchsvoller. Wer die Zeichen der Zeit erkennt, sieht: Crowdfunding ist gekommen, um zu bleiben.

Warum Crowdfunding immer beliebter wird

Die anhaltende Niedrigzinsphase – oder besser: die Ära des Nullzinses – hat den klassischen Anlegern über ein Jahrzehnt lang zugesetzt. Sparkonten verlieren faktisch an Wert, sobald man die Inflation einrechnet. Viele Bürgerinnen und Bürger suchen daher nach neuen Wegen, ihr Kapital nicht nur zu bewahren, sondern auch zu vermehren. Crowdfunding bietet sich hier als Antwort an – nicht nur mit attraktiveren Renditechancen, sondern auch mit einem emotionalen Mehrwert: dem guten Gefühl, Teil eines größeren Projekts zu sein.

Zugleich beobachten wir eine **Renaissance des Gemeinschaftsgedankens**. In einer Zeit, in der viele Menschen das Gefühl haben, in anonymen Strukturen keine Rolle mehr zu spielen, ermöglicht Crowdfunding genau das Gegenteil: Einflussnahme. Transparenz. Verbindung. Wer ein Projekt unterstützt – sei es ein Solarpark, eine Mikrobrauerei oder ein Tiny-House-Konzept – beteiligt sich aktiv an einer gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Vision.

Ein zusätzlicher Antrieb: Nachhaltigkeit. Immer mehr Plattformen spezialisieren sich auf sogenannte „Impact Investments“ – also Kapitalanlagen, die eine positive soziale oder ökologische Wirkung erzielen sollen. So verbinden sich ethische Werte mit ökonomischen Interessen – eine Kombination, die gerade jüngere Zielgruppen stark anspricht.

Laut einer Umfrage des Deutschen Crowdsourcing Verbandes haben über 60 % der Deutschen schon von Crowdfunding gehört. Doch nur etwa 10 % haben bisher tatsächlich investiert. Dieses Missverhältnis zeigt: Der Informationsbedarf ist groß – und die Chancen ebenso.

Was genau ist Crowdfunding – und wie funktioniert es in der Praxis?

Der Begriff „Crowdfunding“ ist so einfach wie genial. Er beschreibt die Finanzierung (Funding) durch eine Vielzahl von Menschen (Crowd), die mit vergleichsweise kleinen Beträgen ein gemeinsames Ziel unterstützen. Die Idee: Was ein Einzelner nicht stemmen kann, gelingt gemeinsam.

Beispielhafte Abläufe auf Plattformen:

1. Ein Projekt wird detailliert beschrieben – mit Budget, Zeitplan, Risiken, Vision.
2. Die Plattform prüft das Vorhaben (mal oberflächlich, mal tiefgehend).
3. Die Crowd – also potenzielle Unterstützer – entscheidet individuell, ob sie sich beteiligt.
4. Kommt die Zielsumme zustande, wird das Projekt finanziert und umgesetzt. Falls nicht, erhalten Unterstützer ihr Geld zurück.

Moderne Plattformen wie Startnext, Seedmatch, Exporo oder Bettervest bieten je nach Ausrichtung unterschiedliche Beteiligungsmodelle – von Spenden bis zu echten Eigenkapitalbeteiligungen.

Ein zentraler Vorteil ist dabei die Demokratisierung der Kapitalmärkte: Früher war es nur Großanlegern oder Banken vorbehalten, in spannende Projekte zu investieren. Heute kann praktisch jeder Teilhaber werden – mit Beträgen ab 10 oder 100 Euro.

Die vier Hauptformen des Crowdfundings im Vergleich

Crowdfunding ist kein einheitliches Modell. Je nach Zielsetzung und Art der Gegenleistung unterscheidet man vier grundlegende Formen – die jeweils eigene Vorteile, Risiken und Zielgruppen mit sich bringen:

1. Reward-Based Crowdfunding

Hier unterstützen die Teilnehmer ein Projekt gegen eine *nicht-finanzielle* Gegenleistung. Das kann ein fertiges Produkt, ein exklusiver Eventzugang oder eine persönliche Danksagung sein.
Beispiel: Ein Start-up entwickelt ein neues Brettspiel. Wer 50 € beisteuert, bekommt das Spiel vor dem offiziellen Release.

2. Donation-Based Crowdfunding

Diese Form zielt auf Spenden ab – typischerweise für soziale, kulturelle oder gemeinnützige Zwecke. Es gibt keine Gegenleistung, außer dem Wissen, geholfen zu haben.
Beispiel: Eine Schulklasse sammelt Geld für eine Gedenkstättenfahrt oder ein Tierheim benötigt Unterstützung.

3. Crowdinvesting (Equity-Based)

Investoren beteiligen sich finanziell an einem Unternehmen und erhalten im Gegenzug Anteile, Umsatzbeteiligungen oder Gewinnanteile.
Beispiel: Ein Tech-Start-up benötigt Risikokapital. Anleger erhalten im Gegenzug stille Beteiligungen mit Exit-Option.

4. Lending-Based Crowdfunding (Crowdlending)

Die Crowd vergibt Kredite – zumeist an mittelständische Unternehmen oder Privatpersonen – und erhält dafür einen festen Zinssatz.
Beispiel: Ein lokaler Handwerksbetrieb finanziert eine neue Werkhalle über einen Kredit mit 6 % p. a.

Crowdfunding als Geldanlage – Zwischen Vision und Rendite

Für viele Privatinvestoren ist Crowdfunding eine moderne Ergänzung zum klassischen Portfolio. Insbesondere der Immobiliensektor boomt: Zwischen 2015 und 2024 haben sich die eingeworbenen Summen für Bauprojekte vervielfacht. Die Gründe sind klar: Immobilien gelten als inflationsgeschützt, konkret und nachvollziehbar.

Doch auch Start-ups, Energiewendeprojekte und Landwirtschaft sind wachstumsstarke Segmente. Das Konzept: Anleger investieren schon früh – im Gegenzug winken höhere Renditen, wenn das Projekt erfolgreich ist.

Typische Eckdaten:

- Renditen: Zwischen 4 % und 8 % jährlich, teilweise höher.
- Laufzeiten: 12 bis 60 Monate, manchmal länger.
- Risiken: Totalverlustrisiko bei Insolvenz, Nachrangigkeit.
- Steuern: Erträge sind als Kapitaleinkünfte steuerpflichtig. 

Gesetzlicher Rahmen: Das Kleinanlegerschutzgesetz (KASG)

Mit dem 2016 in Kraft getretenen **Kleinanlegerschutzgesetz** hat der Gesetzgeber eine wichtige Grundlage geschaffen, um Privatanleger besser zu schützen – ohne Innovation zu ersticken.

Die wichtigsten Regelungen im Überblick:

- Maximale Investitionshöhe:
- Bis 1.000 € ohne Nachweis
- Bis 10.000 € mit Selbstauskunft (Einkommensnachweis)

- Projektvolumen:
- Projekte dürfen bis zu 2,5 Mio. € einwerben, ohne Prospektpflicht

- Informationspflichten:
- Anbieter müssen Basisinformationsblätter, Risikoaufklärung und Vertragsdetails offenlegen

Das Ziel: Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Verbraucherschutz und Innovationsförderung.

Sicher investieren – Die 10-Punkte-Checkliste für Immobilienprojekte

1. Wer ist der Projektträger?
- Bonität, Erfahrung, Referenzen prüfen

2. Wie hoch ist das Eigenkapital?
- Je höher, desto niedriger das Investorenrisiko

3. Ist das Grundstück bereits gesichert?
- Option oder Kaufvertrag?

4. Wo liegt das Projekt?
- Mikrolage, Infrastruktur, Wachstumspotenzial

5. Liegt eine gültige Baugenehmigung vor?
- Verzögerungen kosten Geld

6. Wie läuft die Vorvermarktung?
- Vorverträge? Reservierungen?

7. Was sagt die Plattform-Historie?
- Erfolgsquote? Insolvenzfälle? Kommunikation?

8. Wie ist das Darlehen strukturiert?
- Nachrangig? Kündigungsrecht?

9. Welche Partner sind beteiligt?
- Banken? Architekten? Bauunternehmen?

10. Gibt es Ausstiegsoptionen oder Sekundärmärkte?
- Wiederverkauf möglich?

Fazit: Chancenreich, aber mit Augenmaß

Crowdfunding ist mehr als ein Hype. Es ist ein Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen: Dezentralisierung, Werteorientierung, Technologieaffinität. Für Anleger eröffnet es die Chance, abseits des Mainstreams in Projekte mit Persönlichkeit und Vision zu investieren – mit spürbarer Nähe zum Geschehen.

Doch Vorsicht: Crowdfunding ersetzt keine solide Vermögensberatung. Es ergänzt sie. Wer Chancen nutzen will, muss auch Risiken verstehen – und mit ihnen umgehen können.

Oder, wie Bill Gross einmal sagte:
„Es geht mir nicht so sehr um die Rendite auf mein Geld, sondern um die Rückzahlung meines Geldes.“

Weiterführende Literatur & Studien

- Rotem Shneor et al.: Advances in Crowdfunding (2020)
- Dennis Brüntje, Oliver Gajda: Crowdfunding in Europe (2015)
- Michael Gierczak et al.: Crowdfunding – The New Era (2014)
- Fredrik Wetterstrand: Crowdfunding – A Literature Review (2017)
- Fraunhofer IMW: Crowdfunding und Kreditfinanzierung (2020)

Empfohlene Plattformen im deutschsprachigen Raum

Startnext | Kreative, soziale und kulturelle Projekte 
Seedmatch | Start-ups und Innovationen 
Companisto | Wachstumsunternehmen, Impact Start-ups 
Exporo | Immobilien-Crowdinvesting 
Bettervest | Nachhaltige Energieprojekte 
LeihDeinerStadtGeld| Kommunale Finanzierungen mit Bürgerbezug 

Über den Autor

Ullrich Angersbach ist Marketingexperte für Finanzprodukte mit besonderem Fokus auf digitale Kapitalanlagen, Immobilienmärkte und nachhaltige Investmentmodelle. Er publiziert regelmäßig zu Fragen rund um Crowdinvesting, Anlegerpsychologie und Vermögensaufbau im digitalen Zeitalter.

Haftungsausschluss

Die Informationen in diesem Beitrag dienen ausschließlich zu Bildungs- und Informationszwecken. Sie stellen keine Finanz- oder Rechtsberatung dar. Investitionen sind grundsätzlich mit Risiken verbunden. Konsultieren Sie einen zugelassenen Finanzberater, bevor Sie Entscheidungen treffen.

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Ullrich Angersbach – Erfahrener Marketing-Coach und Experte für Fondsmanagement

Ullrich Angersbach, geboren 1954 in Würzburg, war ein renommierter Marketing-Coach, der sich auf die Unterstützung von Fondsmanagement-Gesellschaften spezialisiert hatte. Seit 2008 arbeitete er erfolgreich als selbstständiger Berater und half Unternehmen in der Finanzbranche dabei, ihre Marketingstrategien zu entwickeln und ihre Zielgruppen effektiv zu erreichen. Mit seiner umfassenden Branchenkenntnis und seinem innovativen Ansatz prägte er die Marketinglandschaft in diesem Bereich nachhaltig.

Nach seinem Abschluss als Diplom-Kaufmann an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Jahr 1980 begann er seine berufliche Laufbahn in der Finanzbranche. Schon früh erkannte er die Bedeutung von klaren und zielgerichteten Kommunikationsstrategien, insbesondere im Bereich Fondsmanagement, wo Vertrauen und Transparenz essenziell sind. Über drei Jahrzehnte hinweg sammelte er wertvolle Erfahrungen in verschiedenen Schlüsselbereichen der Finanzwelt, darunter Marketing, strategische Beratung und die Entwicklung von Kundenbindungskonzepten.

Ein Höhepunkt seiner akademischen Laufbahn war die Veröffentlichung seiner Diplomarbeit mit dem Titel „Das Bauherrenmodell – Eine Information für Kapitalanleger und Anlageberater“. Dieses Fachbuch, das 1980 erschien, bietet detaillierte Einblicke in die steuerlichen Aspekte von Immobilienanlagen. Es wurde zu einer wichtigen Ressource für Kapitalanleger und Anlageberater und zeigt die analytische Tiefe, die Angersbachs Arbeit auszeichnete.

Als Marketing-Coach für Fondsmanagement-Gesellschaften setzte er auf einen praxisnahen Ansatz, der innovative Marketinglösungen mit fundiertem Branchenwissen kombinierte. Seine Beratungen umfassten die Entwicklung von Markenstrategien, die Optimierung der Außendarstellung sowie die Anpassung an sich wandelnde Marktbedingungen. Mit einer klaren Vision und einer Leidenschaft für die Finanzbranche verhalf er zahlreichen Unternehmen zu einer verbesserten Marktposition und langfristigem Erfolg.

Ullrich Angersbachs Arbeit war geprägt von einem tiefen Verständnis für die Herausforderungen und Chancen des Fondsmanagements. Sein Engagement, gepaart mit einem unermüdlichen Streben nach Qualität, machte ihn zu einer geschätzten Persönlichkeit in der Branche. Bis zu seinem letzten Arbeitstag blieb er seiner Mission treu: Unternehmen in der Finanzbranche durch exzellentes Marketing zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, ihre Ziele zu erreichen.

Der 1954 in Würzburg geborene Ullrich Angersbach war seit 2008 selbständiger Marketing-Coach für Fondsmanagement-Gesellschaften. Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums als Diplom-Kaufmann an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, war er seit 1980 in der Finanzbranche tätig. Seine Diplomarbeit über die steuerlichen Aspekte von Immobilienanlagen (Das Bauherrenmodell – Eine Information für Kapitalanleger und Anlageberater) ist 1980 als Buch erschienen.

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